Pfarrkirche St. Gertraud / Ulten
Pfarrkirche zur hl. Gertraud
Das Kirchlein von St. Gertraud überwacht das kleine Dorf. Eine Sage erzählt, dass man die Kirche ursprünglich bei den Sägen am Falschauerufer erbauen wollte, doch „die Geadl“ sei dort nicht geblieben, sondern stand am nächsten Tag immer auf dem heutigen Standplatz. Man erkannte den Wink Gottes und erbaute die Kirche auf der von der hl. Gertraud bezeichneten Stelle.
Geschichte
Im Würtembergischen Urkundenbuch wird die Kirche zu St. Gertraud um 1278 erwähnt. Vermutlich gab es vorher eine Kapelle, die der hl. Maria Magdalena geweiht war, da am Magdalena-Tag jährliche Kreuzgänge aus Lana und den Ultner Pfarreien bezeugt sind; die Bewohner des Sulz- und Rabbitales, die die Ortschaft „Santa Maria“ nennen, hielten noch bis 1946 Bittgänge um Regen nach St. Gertraud ab.
Laut Urkunde vom 16. Oktober 1492 ist die Kirche zu St. Gertraud vom Generalvikar des Bischofs Melchior von Brixen als Filialkirche der Pfarre Ulten mit dem Hochaltar zu Ehren der hl. Gertraud und Maria Magdalena neu eingeweiht worden.
Zum weiteren Ausbau der Kirche wurde am 25. September 1500 von sechs Kardinälen aus der Trientner Diözese ein Ablass erlassen.
Nachdem das Innerwerch von der Kuratie St. Nikolaus abgetrennt wurde, wurde die Seelsorgsstation St. Gertraud im Jahre 1680 durch Beiträge der Gemeinde als selbständige Kuratie errichtet. Die Gemeinde übte auch das Patronatsrecht aus und beschaffte die kanonischen Bücher. 1664 wurde die Kirche umgebaut und erhielt in etwa das heutige Aussehen. Laut Urkunde von 1802 wurden die Zehent-Abgaben erneuert und die Fraktion St. Gertraud war verpflichtet, dem Kuraten das nötige Brennholz sowie Getreide, Heu und Butter unentgeltlich beim Widum zu liefern. Mitte des 19. Jh. ermöglichten viele Wohltäter sogar eine Kooperatorenstelle. Eine Reihe noch vorhandener Stiftsbriefe aus der Zeit zwischen 1556 und 1883 bezeugen die Freigebigkeit der Bevölkerung für die Erhaltung und Erweiterung der Kirche.
1919 wurde die Kuratie St. Gertraud zur Pfarrei erhoben.
Ausstattung
Der Hochaltar trägt die Jahreszahl 1705 und ist ein reich vergoldeter Altar mit vier Säulen. An den Seiten sehen wir die Statuen des hl. Josef und der hl. Mutter Anna. Anstelle des ursprünglichen Gemäldes wurde in der Hauptnische ein Relief eingesetzt, das Maria mit dem Christkind, die hl. Gertraud und Maria Magdalena zeigt. Der Aufsatz stellt die hl. Dreifaltigkeit dar. Aus dieser Zeit stammen auch die Kanzel und der Seitenaltar. Auf der Westseite über dem Hauptportal erhielt die Kirche ein Fresko mit der Darstellung der hl. Gertraud als Beschützerin für Menschen und Tiere, an den Seitenwänden sind Fresken mit der Darstellung der hl. Theresia und des hl. Florian zu sehen. In der Kirche wurde das neugotische Getäfel angebracht.
1978 ließ Pfarrer Alfons Spisser im Zuge einer Renovierung den Volksaltar errichten. Seither wird auch nicht mehr von der Kanzel herunter gepredigt. 1982 wurden die Renovierungsarbeiten unter Pfarrer Richard Edenhauser fortgesetzt.
Der erweiterte Friedhof mit neuer Kapelle und Nischen für die Urnen wurde 2005 eingeweiht. Die neue Friedhofskapelle bildet mit der Überdachung eine gelungene Erweiterung der kleinen Kirche. Sie ersetzt die alte Kapelle, die bei der Friedhofserweiterung 1972 abgebrochen wurde.
Zur Pfarrei gehört auch die Kapelle im Winkel mit den Kreuzwegstationen bis zur Kirche, die 1895 erbaut und 1926 der Kirche vermacht wurde mit der Verpflichtung für deren Erhaltung zu sorgen.
Bittgänge und Namensstreit um die Kirche von St. Gertraud
Die Kirche von St. Gertraud war ein vielbesuchtes Gotteshaus für Bittgänger aus Lana, Ulten und dem Rabbital und es kam zu einem Namensstreit zwischen den Ultnern und den Nonsbergern. Die „Welschen“ vom Nonsberg wollten das Dorf Maria Magdalena heißen, die Ultner aber St. Gertraud. Der Namensstreit kam vor ein Kirchengericht, welches entschied, dass die hl. Gertraud die erste Patronin und die hl. Maria Magdalena die zweite Patronin sein solle. Die Ultner haben also gewonnen.
Jahreszahlen und Inschriften auf der Rückseite des Altars künden von uralten Bittgängen in den Jahren 1640 – 1829. Wie die „Rabbiger ins Ultental pilgerten, so gingen die Gertrauder mit Kreuz nach Rabbi. Dabei wurde meistens eine Kirchenfahne mitgetragen.
Bibliografie:
Gottfried Oberthaler: Die Kirchen des Ultentales, Hrg. Museumsverein Ulten 1983, Tyrolia-Druck
Kirchenpatroninnen
Die hl. Gertrud von Nivelles
Die hl. Gertrud von Nivelles stammte aus dem Merowingergeschlecht und war eine Verwandte Karls des Großen. Sie lebte im 7. Jh. (die Daten schwanken zwischen *625 - 629 und + 653 – 659) und sie sollte standesgemäß verheiratet werden; einigen Quellen zufolge floh sie jedoch nach Franken und gründete dort eine Benediktinerabtei. Diese Abtei war eines der ersten Klöster im mainfränkischen Raum, das sich besonders um Arme, Kranke und Gebrechliche kümmerte.
Vermutlich trat sie später in das Kloster von Nivelles ein, das ihre Mutter gegründet hatte und das sie nach deren Tod leitete.
Gertrud war eine sehr gebildete und belesene Frau, die sich für die Bildung der Mädchen einsetzte, was damals ungewöhnlich war. Sie ließ sich Literatur aus Rom bringen, um in ihrem Kloster eine Bibliothek einzurichten und lud irische Mönche ein, den Schwestern die Schrift auszulegen.
Vor allem aber setzte sich Gertrud mit großer Kraft für die Armen, die Witwen und die Kranken ein. Außer der Krankenfürsorge gab sie auch Schülern und Wandergesellen zu essen. Für irische Wandermönche, die sie in ihr Kloster gerufen hatte, ließ sie ein Spital bauen. So wurde Gertrud bald als „Schutzherrin der Landstraße“ bekannt. Ihr großer Einsatz zehrte jedoch an ihrer Gesundheit, so dass sie im Alter von ca. 30 Jahren starb.
Ihr Sterbe- und Gedenktag ist der 17. März. Daher gilt sie als Frühjahrsbotin. Zahlreiche Bauernregeln weisen darauf hin.
Die Bauernregel „Gertrud mit der Maus treibt die Spinnerinnen raus“ beruht darauf, dass Gertrud einer Legende nach ihr Land durch ihr Gebet von einer Ratten- und Mäuseplage befreit und damit die Ernte gerettet habe. Außerdem beginnt im März die Gartenzeit und damit endete die Arbeiten der Spinnerinnen.
Gertrud gilt auch als Patronin der Kranken, der Pilger und Reisenden, der Armen und Witwen, der Gärtner, der Feld- und Wiesenfrüchte.
Dargestellt wird Gertrud meist im Habit der Benediktinerinnen mit dem Krummstab der Äbtissin und mit Mäusen, manchmal auch mit Buch, einem Spinnrad, einem Segelschiff oder mit zwei Ringen am rechten Arm.
Heilige Maria Magdalena
„Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich ihm zu und sagte auf hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt Meister.“ (Joh 20,16) Als Maria aus Magdala am Ostermorgen von Jesus mit ihrem Namen angesprochen wurde, erkannte sie nicht nur den Auferstandenen, sondern sie wurde dabei auch gewandelt – sie wandte sich ihm zu. Die Trauernde und Verzweifelte wurde zur Zeugin und Verkünderin der Auferstehung Jesu. Sie verwandelte sich von der „Blinden“ zur „Sehenden“. Dabei wurde Maria Magdalena schon einmal von Jesus verwandelt: als er sie zu Beginn seines Wirkens von 7 Dämonen heilte und sie zu einer befreiten Person machte. Beide Ereignisse haben auch eine theologische Aussage für uns: Die Begegnung mit Jesus heilt, befreit und wandelt uns.
Maria aus Magdala gehörte zu den treuesten Jüngerinnen Jesus und folgte ihm auch bis unters Kreuz. Sie ist nicht identisch mit der namenlosen Sünderin, die Jesus mit den Haaren die Füße abtrocknete und mit einem Öl salbte.